Die Neue beim Füssener Zeppelin-Musical: Rolle passt genau
Kathryn Wieckhorst ist in derzeit als US-amerikanischen Journalistin Kathy Wigman zu sehen. Die Parallelen im Leben beider Frauen sind frappierend.
Es beginnt schon beim Namen: Kathryn Wieckhorst spielt Kathy Wigman. Als sei die Rolle der amerikanischen Journalistin in Ralph Siegels Musical Zeppelin, die sie in der laufenden Saison verkörpert, für sie gemacht. Steigt man tiefer ein, werden die Parallelen im Leben der beiden gebürtigen New Yorkerinnen im Spagat zwischen Alter und Neuer Welt beinahe unheimlich. Und doch: Während die eine davon singt, dass sie geht, um zu bleiben, ist die andere gerade erst gekommen, um zu bleiben. Die ganz reale Kathryn Wieckhorst, die 2016 von den USA nach Deutschland wechselte, richtet sich nämlich gerade häuslich in Füssen ein, während die Figur der Kathy Wigman bewusst offen lässt, ob sie die Fahrt mit dem Zeppelin endgültig zurück in die alte Heimat in Übersee führt.
Von der Oper ins Musical
Wieckhorst wechselt für Zeppelin nicht nur den Ort, sondern auch das Genre: Die Sopranistin hat eine klassische Gesangsausbildung absolviert und am Queens College in New York ihren Master-Abschluss abgelegt. Als Opernsängerin hat es sie auch nach Europa gezogen, in die Heimat von Wagner, Mozart – und Karlheinz Stockhausen. Dem Werk eines der bedeutendsten Deutschen Komponisten des 20. Jahrhunderts und Pionier der elektronischen Musik gilt ihre besondere Leidenschaft. So sang sie 2022 bei der Erstaufführung dessen Werks Urantia in Lüneburg. Für kommendes Jahr plant sie ein Stockhausen-Projekt in Füssen. Nach Bayreuth, in die heiligen Hallen der Wagner-Dynastie, hatte sie bereits ihr erster Auftritt nach ihrem Wechsel nach Deutschland geführt. Das Programm zum 25. Todestag von Friedelind Wagner, dem Enfant terrible der Familie, kam bei Wagnerianern allerdings nicht besonders gut an. In Hamburg sang sie unterdessen die Rolle der Maman in der europäischen Erstaufführung der Oper The Village von Joel Mandelbaum und Susan Fox. Sie basiert auf der wahren Geschichte eines jüdischen Jungen, den die Bewohner eines französischen Dorfes in der Nazizeit verstecken und damit retten, während sie ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen.
Mit dem ganzen Körper singen
Ein Treffen mit dem in Deutschland lebenden US-amerikanischen Sänger, Musiker und Komponist Perrin Manzer Allen und ein kurzfristiges Einspringen sorgten 2019 für Wieckhorsts erste Schritte in die Welt der Musicals. Schon 2021/22 übernahm sie die ersten Hauptrollen. Die unterschiedlichen Arten, bei klassischem Gesang und im Musical mit der Stimme und dem ganzen Körper zu arbeiten, hat sie schnell gelernt. Unter anderem sang sie im Musical „Nimmerwiederkehr“ über die Ermordung behinderter Kinder während der Nazizeit in einem Hamburger Kinderkrankenhaus. Autor Dirk Schattner ist ihr Partner, mit dem gemeinsam sie sich jetzt in Füssen niederlässt.
Die Beziehung zu Deutschland im Allgemeinen und Hamburg im Besonderen zählt zu Wieckhorsts väterlichem Erbe, wie bereits ihr norddeutscher Nachname verrät. Mithilfe des Auswanderermuseums in Hamburg fand sie heraus, dass ihr Urgroßvater Albert Wieckhorst 1902 im Alter von 22 Jahren den Dampfer in die Neue Welt bestiegen hatte. 35 Jahre bevor der Zeppelin „Hindenburg“ über den Atlantik flog, um bei der Landung in Lakehurst in Flammen aufzugehen.
Artikel: Markus Röck I Allgäuer Zeitung vom 16.06.2024